Zwischen Lugano und Basel läuft die 80. Minute, soeben hat der FCB das 0:2 kassiert und Fabian Frei ist stocksauer. Motzend gestikuliert er in Richtung FCB-Bank, verwirft die Hände. Er kann einfach nicht verstehen, warum sein Team noch immer nicht gewechselt hat. Taulant Xhaka hatte sich sechs Minuten zuvor unmittelbar vor dem 0:1 durch Alexander Gerndt in einem Sprintduell verletzt und sich auf die Bank gesetzt. Unbemerkt vom FCB-Staff.
So spielt Basel während sechs Minuten mit einem Mann weniger und prompt kassiert man den zweiten Gegentreffer. Auch Silvan Widmer und Valentin Stocker schreiten sichtlich verärgert in Richtung der eigenen Bank. Erst als Stocker den Ball entnervt vom Feld ballert, wird der Fehler bemerkt und gleich dreifach gewechselt. «Der Doktor hat uns die Verletzung angezeigt, aber wir haben das nicht gesehen, nicht beachtet, es ging zu lange», erklärt Trainer Koller nach dem Spiel.
Doch warum bemerkt auf der FCB-Bank niemand, dass man sechs Minuten in Unterzahl spielt? Und warum sagt Xhaka nichts? Fragen über Fragen, aber keine Antwort. In den Schlussminuten staut sich beim FCB dann endgültig der Frust an. Omar Alderete schlägt Stefano Guidotti mit dem Ellbogen ins Gesicht und sieht glatt Rot. Damit verschärft sich die angespannte Situation im ohnehin schon schmalen Kader noch weiter.
Die Basler erzielen kurz vor dem Ende zwar noch den 1:2-Anschlusstreffer, am Schluss steht aber Kollers Wechsel-Fauxpas sinnbildlich für den Zustand des FCB in diesen Tagen. Nichts passt zusammen. Die Anspannung rund um den Klub ist zudem förmlich greifbar. Die Spieler verunsichert, der Trainer gereizt, die Fans aufgebracht. Statt ein Titel-Kandidat ist der FCB zum Chaos-Klub mutiert.
Träge, ideenlos und uninspiriert schlittert der FCB von einer Mini-Krise in die nächste. Für die Basler war es die erste Niederlage in Lugano seit 20 Jahren und die neunte in 27. Saisonspielen. Neun Niederlagen in einer Saison – das hat es beim FCB seit den 1990er-Jahren nicht mehr gegeben.
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— FC Basel 1893 (@FCBasel1893) July 1, 2020
Zwar machen auch Leader St.Gallen und YB keinen unantastbaren Eindruck, doch der Meisterzug dürfte nach dem 1:2 in Lugano definitiv abgefahren sein. Acht Punkte beträgt der Rückstand auf St.Gallen, sechs auf YB. Am Samstag empfängt der FCB Schlusslicht Xamax. Eine weitere Niederlage kann sich Trainer Koller kaum mehr leisten. (pre)