Eigentlich gehört die Nummer 9 zu Romelu Lukaku wie die 10 zu Pelé und Maradona. Deshalb glauben Belgiens Anhänger nicht richtig zu sehen, als der Mittelstürmer Mitte Oktober beim Nations-League-Spiel gegen Island mit der 10 aufläuft und in diesem Trikot beide Tore zum 2:1-Sieg erzielt. «Meine Mutter hat am 10.10. Geburtstag. Das war eine Ode an sie», klärt Lukaku hinterher die verdutzten Journalisten auf.
Natürlich wäre die Umsetzung dieser Idee nicht möglich gewesen, hätte Eden Hazard nicht verletzt gefehlt. Das rote Leibchen mit der Nummer 10 gehört zum 106-fachen Internationalen wie die Captainbinde. Inzwischen hat sich der 29-Jährige aber bei Real Madrid zurückgemeldet und in der Champions League gegen Inter Mailand (ohne den verletzten Lukaku) eine Stunde lang gespielt – um wenig später wieder ausgebremst zu werden; diesmal vom Coronavirus.
Damit fehlt er dem belgischen Nationalteam in den drei Spielen in Leuven am Mittwoch gegen die Schweiz (Testpartie) und am 15. und 18. November gegen England und Dänemark in der Nations League. Ob Lukaku ebenfalls passen muss, war am Montagabend noch nicht klar. Seine Verletzung ist zwar ausgeheilt, doch wegen der stark gestiegenen Fallzahlen hat Italien Reisen in Risikoländer wie Belgien verboten. Der Verband hofft, mit den italienischen Behörden eine Lösung zu finden.
Gegen die Schweiz wäre Lukaku indes kaum vorgesehen gewesen. Es ist anzunehmen, dass Trainer Roberto Martinez wie im Oktober gegen die Elfenbeinküste eine B-Elf nominiert, um Talente wie Jeremy Doku von Rennes und Charles De Ketelaere von Brügge an die Nationalmannschaft heranzuführen.
Belgien ist zwar 10600 Quadratkilometer kleiner als die Schweiz, hat aber 2,9 Millionen Einwohner mehr und ist im Fussball klar erfolgreicher. In den fünf grossen Ligen Europas spielen 45 Belgier und 36 Schweizer. Von den 29 Länderspielen hat die Schweiz neun gewonnen und 14 verloren, vor allem aber sind die Roten Teufel bei Turnieren ungleich stärker.
In den letzten 50 Jahren haben sie bei Weltmeisterschaften zweimal (1986 und 2018) die Halbfinals erreicht und 2014 den Viertelfinal; bei Europameisterschaften sind sie 1972 Dritte und 1980 Zweite geworden, 2016 haben sie den Viertelfinal bestritten. Die Schweizer ihrerseits warten sehnlichst darauf, auch einmal unter die letzten Acht vorzustossen.
Nachdem die Belgier 2018 in Russland Dritte geworden sind und die Spitze der Fifa-Weltrangliste übernommen haben, sind sie von da nicht mehr verdrängt worden. Sie haben nach der WM im Herbst gegen die Schweiz in der Nations League 2:5 verloren, 2019 aber alle zehn Partien der EM-Qualifikation gegen Russland, Schottland, Zypern, Kasachstan und San Marino mit 40:3-Toren gewonnen. Bei der EM bekommen sie es mit Russland, Dänemark und Finnland zu tun. In der Nations League führen sie mit 9 Punkten vor England (7), Dänemark (7) und Island (0).
Seit der WM 2018 hat sich personell wenig verändert. Das Gerüst im 4-3-3-System mit Goalie Thibaut Courtois (Real Madrid), Verteidiger Toby Alderweireld (Tottenham), Aufbauer Axel Witsel (Dortmund) sowie den Offensivcracks Kevin De Bruyne (Manchester City), Hazard und Lukaku ist auf hohem Niveau stabil. Bei der EM 2021 und der WM 2022 in Katar hat diese goldene Generation die letzte Chance, ihr Talent und ihre Klasse zu vergolden.