Die Deutsche Fussball Liga (DFL) hat ein Konzept vorgelegt, damit die verbleibenden neun Spieltage der Saison2019/2020 in der 1. und 2. Bundesliga bis Ende Juni doch noch zu Ende gespielt werden kann. Demnach plant die Liga ausschliesslich Geisterspiele, maximal 300 Personen wären pro Spiel im Stadion zugelassen.
Unter Einhaltung der vom DFL vorgelegten Massnahmen solle der Ball in der 1. und 2. Bundesliga bereits am 9. Mai wieder rollen. Natürlich geht es dabei auch um das wirtschaftliche Überleben der Profi-Klubs. Laut Berichten verschiedener Medien geraten 13 der 36 Erst- und Zweitligisten in ernsthafte wirtschaftliche Nöte, sollte die Saison abgebrochen werden. Bei einem Abbruch bliebe die vierte TV-Gelder-Tranche in der Höhe von 300 Millionen Euro für die Vereine aus.
Mindestens einmal pro Woche, so die Pläne der DFL, sollen die Profikicker auf Corona getestet werden. Die DFL rechnet bis Saisonende mit etwa 25'000 notwendigen Corona-Tests für die Profifussballer. Sollte ein Kicker positiv auf Covid-19 getestet werden, soll nicht das gesamte Kader in Quarantäne geschickt werden. Die infizierte Person soll isoliert und beobachtet werden, unter Beobachtung stünden Kontaktpersonen, die aber nicht isoliert werden müssten. Eine Quarantäne für das gesamte Team wäre nicht möglich, da dann der Spielbetrieb nicht mehr weitergeführt werden könnte.
Die Ministerpräsidenten von Bayern (Markus Söder, CSU), Nordrhein-Westfalen (Armin Laschet, CDU) oder auch Sachsen (Michael Kretschmer, CDU) halten eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs durchaus für möglich und wünschenswert. Die Grünen-Co-Vorsitzende Annalena Baerbock hält einen Sonderstatus für die Bundesliga allerdings für «zutiefst ungerecht» – angesichts der Tatsache, dass in einigen Bundesländern «ein Kind noch nicht einmal auf die einsame Schaukel darf».
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach – selbst Arzt – hält das Konzept der DFL für widersprüchlich. Allen voran die Pläne, bei einem Covid-19-Fall in der Mannschaft nicht das gesamte Team in Quarantäne zu schicken. Die Gewerkschaft der Polizei befürchtet bei einer Wiederaufnahme des Spielbetriebs Fan-Ansammlungen vor Stadien und in privaten Räumen.
Selbst Fan-Organisationen gehen auf Distanz zu den Plänen der DFL. Sie schreiben: «Wenn der Fussball Teil der Gesellschaft sein will, kann er nicht losgelöst von der gesamtgesellschaftlichen Situation handeln.»
Der Umstand, dass der seit Mitte März ruhende Spielbetrieb ein Drittel aller Klubs in wirtschaftliche Turbulenzen bringe, sei Indiz dafür, dass der Fussball eine falsche Entwicklung genommen habe. Selbst DFL-Präsident Christian Seifert erkennt die Fehlentwicklung im Profi-Geschäft. Wenn Klubs nach zwei Monaten Spielpause in finanziell schwierige Gewässer gerieten, sei es Zeit, «dass man da einiges korrigieren muss». Skeptisch reagiert nicht zuletzt die Bevölkerung: In einer repräsentativen Umfrage der ARD spricht sich eine Mehrheit gegen eine Sonderregelung für den Fussball aus – etwa, was die Regeln für die Quarantäne betrifft.
🗓️ Ganz schön straffes Programm, sollte die Bundesliga am 16.5. wieder starten. So könnte der Spielplan aussehen: pic.twitter.com/Hllp1y46vg
— Sportschau (@sportschau) April 24, 2020
Merkels Chef-Virologe Christian Drosten deutete bereits im März an, dass er Fussballspiele in vollen Stadien nicht vor Ende Jahr für realistisch hält. Zuletzt warnte er – auch mit Blick auf die Pläne der DFL – davor, dass Deutschland mit Lockerungen dabei sei, seinen «Vorsprung zu verspielen».
Auch Drostens Berufskollegen weisen die Pläne der DFL zurück. Allen voran den Vorschlag, junge Profi-Kicker regelmässig zu testen. «Die Testkapazität ist begrenzt und wird es bleiben. Deshalb muss erst einmal sichergestellt werden, dass Patienten bei Verdacht einen Test bekommen mit einem schnellen Ergebnis. An zweiter Stelle kommt das medizinische Personal», sagt der Epidemiologe Gérard Krause.
Auch das Robert Koch-Institut (RKI) zeigt sich skeptisch. RKI-Vizepräsident Lars Schaade: «Ich denke, man sollte Tests dort anwenden, wo es medizinisch sinnvoll ist.» Der Ärzteverband stellt sich hinter das RKI. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit aus Hamburg meint, die Corona-Lage sei noch zu ernst, um «20'000 nicht massenhaft vorhandene Tests für gesunde, junge Spieler zu verwenden». Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Die Bevölkerung ist dazu angehalten, Abstandsregeln einzuhalten. Die sind beim Kontakt-Sport Fussball undenkbar.
Ob die Bundesliga-Saison zu Ende gespielt werden kann – und ab wann –, darüber entscheiden die Bundesregierung und die Bundesländer. Am kommenden Donnerstag konferiert Kanzlerin Merkel mit den 16 Ministerpräsidenten. Allerdings hat sie angekündigt, an diesem Tag noch nicht über weitere Lockerungen der Corona-Massnahmen zu entscheiden. Erst am 6. Mai soll über mögliche weitere Lockerungen diskutiert werden, sollte die Infektionsrate solche zulassen.
Da die Vereine mindestens zwei Wochen vor Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Mannschaftstraining trainieren müssen, um Verletzungen zu vermeiden, scheint der 9. Mai als Tag des Wiederanpfiffs unrealistisch. Demnach wäre ein Neustart der Bundesliga frühestens am 20. Mai möglich. Die DFL hat bereits angekündigt, die Saison notfalls auch erst im Juli zu Ende spielen zu lassen.