Eine sportliche Krise, massives Misstrauen gegenüber seiner Taktik und immer wieder Interna, die an die Öffentlichkeit gelangen – Niko Kovac hat es derzeit nicht leicht. Vor dem Champions-League-Duell mit AEK Athen holt der Bayern-Trainer zum Gegenschlag aus, an der Pressekonferenz fordert er mehr Solidarität und zieht zur Veranschaulichung Vergleiche zur Antike, bei denen Indiskretionen schlimme Folgen hatten.
«Es ist wie in der Familie: Wir müssen zusammenhalten, das ist der springende Punkt. Wenn jeder nur fünf Prozent mehr gibt, werden wir zu alter Stärke zurückkehren», erklärte Kovac. Es sei nicht förderlich, wenn Interna nach aussen getragen würden. «So etwas darf es nicht geben!» Zuletzt waren seine Ansprachen immer wieder öffentlich geworden.
«Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob das für ihn der richtige Weg ist. In der Geschichte gibt es genug Beispiele, ob das Troja war oder ob das Cäsar war. Wir müssen zusammenhalten, vom Zeugwart bis zum Trainer. Jeder ist verpflichtet, dass der Verein erfolgreich ist.»
Was uns Kovac damit genau sagen wollte, bleibt sein Geheimnis. Der 47-Jährige wirkt aber so, als fühle er sich von Spielern und Bossen im Stich gelassen. Auch wenn er gegen aussen natürlich etwas anderes sagt. Der Trainer kann es aber auch niemandem Recht machen. Gibt er seine Aufstellung intern früh bekannt, muss er damit rechnen, dass ein Maulwurf sie an die Presse weitergibt. Hält er sie bis zum Spieltag zurück, könnte er die Egos seiner sensiblen Spieler kränken, wenn diese ihren Namen nicht auf dem Matchblatt finden.
Als Kovac auf das Thema «Rotation» und die damit verbundene Kritik an seiner Taktik angesprochen wird, möchte er nicht mehr gross darüber reden. «Der Lolli ist so langsam ausgelutscht», sagt er nur. Doch genau hier liegt der Hund begraben. Wie die «Süddeutsche» analysiert, hat die Rotation bei den Bayern immer dann funktioniert, wenn sie auf Basis einer bestehenden Hierarchie zur Anwendung kam, wenn die Stars wussten, dass eine Pause tatsächlich nur eine Pause und keine Entmachtung ist.
Doch Kovac hat es bislang verpasst, in seiner Mannschaft eine eindeutige Hierarchie und klare Verhältnisse zu schaffen. Kein Spieler scheint genau zu wissen, woran er bei Kovac wirklich ist. Das führt zu Unzufriedenheit und die Journalisten rund um den «FC Hollywood» nutzen das eiskalt aus. Sie brauchen nur einem der vielen Unzufriedenen die richtige Frage zu stellen.
Kovacs Appell an den Zusammenhalt kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt. Gegen AEK Athen können sich die Bayern ohne grossen sportlichen Druck für den Bundesliga-Gipfel vom Samstag gegen Borussia Dortmund vorbereiten. Mit sieben Punkten aus drei Spielen ist der Serienmeister in der Königsklasse auf bestem Weg in den Achtelfinal.
Zu einem Schicksalsspiel wird für Kovac allerdings das Spitzenspiel gegen den BVB. Siegen oder fliegen, könnte es da schon heissen. (pre)