Loyal, ruhig, bedacht, ein empathischer Fachmann mit einem guten Draht zu Spielern – egal ob jung oder alt. So wird Patrick Rahmen von Menschen beschrieben, die ihn gut kennen. Als einer, dem es immer um den Verein geht, um die Sache, und nicht um sich, sein Ego oder seine Selbstdarstellung. Als ein Typ, der Anstand lebt. Der nach seiner Entlassung beim FC Aarau nur eines beweist: Stil, dem Nachfolger Glück wünscht.
Es sind alles Attribute, die Patrick Rahmen sich zuschreiben darf. Seit Dienstagnachmittag ist er gar noch um eine Beschreibung reicher: Er ist Interimstrainer beim FC Basel. Nach der Entlassung Ciriaco Sforzas, dem Rahmen seit September als zweiter Assistent diente, wurde der Basler als jener Mann auserkoren, der den FCB aus der sportlichen Krise und von Rang 5 wieder zurück auf Platz 2 bringen soll. Mit Rahmen folgt nun der Mann, der seit vier Jahren Trainer hätte sein sollen, auf Sforza, der nie hätte Trainer werden dürfen in Basel.
Die Geschichte zwischen dem 58-jährigen Rahmen und dem FCB ist eine aussergewöhnliche. Nicht, weil er bereits als Spieler beim FCB engagiert war, oder später als Nachwuchstrainer. Sondern, weil er seit der Übernahme des Vereins durch Bernhard Burgener bereits zweimal fast Cheftrainer wurde. Aber eben nur fast. Als perfekter Konzepttrainer mit Basler Hintergrund und dem Know-How aus der Jugendarbeit hatte er 2017 bereits eine Zusage – bis Raphael Wicky kam und Besitzer Burgener mit seiner Power-Point-Präsentation umstimmte.
Zwei Jahre später war Rahmen erneut der Auserkorene. Der damalige Sportchef Marco Streller wollte den ungeliebten Marcel Koller durch Rahmen ersetzen. Auch in diesem Fall waren sich alle einig, gar ein Communiqué soll bereit zur Versendung gewesen sein – bis sich Burgener über Nacht umstimmen liess.
Als er im September 2020 dann doch zum FCB kam, sprang er über seinen Schatten, indem er Assistent statt Chef wurde in Basel. Der Schritt zurück war einer, der von vielen vor allem unter dem Aspekt der Chance verstanden wurde, Sforza dereinst zu ersetzen, wenn dieser scheitern sollte. So, wie es jetzt eingetroffen ist. Rahmen ist nun da, wo er schon zweimal fast war: Auf dem Chefposten in Basel.
Burgener setzt also auf jenen Mann, dessen Ernennung er jeweils kurzfristig verhindert hatte. Nichtsdestotrotz ist es für den Ur-Basler ein Traum, der nun endlich in Erfüllung geht. Die grosse Frage ist nur: Wie lange darf er träumen?
Rahmen hat in Basel einen langfristigen Vertrag. Dieser ist jedoch nicht an seine aktuelle, interimistische Beförderung zum Cheftrainer gebunden, sondern an seine Position als Assistenztrainer. Wie und inwiefern sein Vertrag angepasst wird, ist noch nicht klar.
Wie rund um den Verein zu vernehmen ist, werden die entsprechenden Gespräche erst noch in absehbarer Zukunft geführt. Primär soll Rahmen jetzt Zeit haben, sich um die Mannschaft zu kümmern und eine Reaktion gegen Luzern zeigen zu können. Sein Trumpf dabei: Das Team steht hinter ihm, wollte ihn schon lange als Ersatz für den angezählten Sforza. Entsprechend euphorisch soll am Dienstag die Neuigkeit in der Kabine aufgenommen worden sein. Der neue Mann wird teamintern sehr geschätzt.
Auch gegen aussen wäre er die perfekte Lösung mit Lokalkolorit und Fachwissen. Stimmt es auf dem Platz auch resultat- und leistungstechnisch, wäre er folglich durchaus ein valabler Kandidat über den Sommer hinaus. Entschieden ist aber noch nichts. Die ganze Unsicherheit rund um die Vereinsführung macht die Planung der Zukunft für den Verein und Rahmen selbst noch komplizierter.
Zu viele Fragen sind offen. Bleibt Burgener? Oder kommt David Degen? Würden sie beide auf ihn setzen, oder nur einer? Oder keiner? Kommt doch noch Fabio Celestini, der in Basel noch immer ein Thema zu sein scheint, wie aus Luzern zu hören ist? Und was will eigentlich Rahmen selbst? Fragen, deren Beantwortung noch warten müssen.
Geklärt ist dafür zumindest, wen Rahmen bis Saisonende an seiner Seite haben wird: den 32-jährigen Ognjen Zaric, der seit vergangenem Sommer das U18-Team des FC Basel betreut.