Der wichtigste Fakt war etwas versteckt. «Erstmals seit November 2019 wieder dabei ist der wieder genesene Mittelfeldspieler Denis Zakaria», schrieb der SFV am letzten Freitag in seiner Mitteilung zum Aufgebot der Nationalmannschaft. Es ist ein Satz aus dem dritten Abschnitt des Communiqués. Reichlich beiläufig wurde die Rückkehr in die Nationalmannschaft des Schweizer Fussballers mit dem höchsten Marktwert vermeldet.
Nationaltrainer Vladimir Petkovic gab dem bevorstehenden Comeback von Zakaria nach überstandener Knieverletzung später mehr Gewicht: «Er hat uns im letzten Jahr sehr gefehlt. Wir hatten im Herbst immer wieder gehofft, dass er zurückkommt. Jetzt klappt es endlich.»
Für Petkovic ist Zakaria ein Schlüsselspieler. Der Genfer hatte vor dem Knorpelschaden, den er Anfang März 2020 im Knie erlitten hatte und der im Verlaufe des letzten Frühlings eine Operation nötig machte, innerhalb des Schweizer Nationalteams die Entwicklung vom Ergänzungsspieler zum Leistungsträger vollzogen.
Nach dem Umbruch im Nachgang der WM 2018 gehörte Zakaria zu den Gewinnern in der SFV-Auswahl. Auf Anhieb übernahm er auf dem Feld die Rolle von Valon Behrami als Nebenmann von Captain und Stratege Granit Xhaka. In der EM-Qualifikation absolvierte Zakaria alle acht Spiele. Er war in 690 von 720 Minuten dabei. Nur Torhüter Yann Sommer und Xhaka kamen auf mehr Einsatzzeit. An der WM in Russland hatte Xhaka seinen Mitspieler als «Mann der Zukunft» bezeichnet, wenige Wochen später war Zakaria zum «Mann der Gegenwart» geworden.
Doch es kam das Bundesligaspiel vom 7. März 2020 mit Borussia Mönchengladbach gegen Borussia Dortmund und der verhängnisvolle Zusammenprall mit Teamkollege Sommer. Heute spricht Zakaria vom «schlimmsten Moment meines Lebens».
Zunächst ging man von ein paar Tagen Pause aus. Daraus wurden Wochen und Monate bis zum Comeback im letzten November. Auch vier Monate und 24 Einsätze in Pflichtspielen später ist Zakaria nach eigenen Angaben «noch nicht bei 100 Prozent». Vor allem mental wirkt die langwierige Verletzung nach. «Es ist wie ein Trauma im Kopf», sagt er.
Die Gegenwart gehört Zakaria gerade nicht. Und so ist er wieder zum «Mann der Zukunft» geworden. Er muss sich im Nationalteam seinen Stammplatz wieder erkämpfen. In Sofia wird er kaum von Beginn weg spielen, denn auch in der SFV-Auswahl gilt für Zakaria, was sein Trainer Marco Rose in Mönchengladbach schon im Spätherbst sagte: «Wir müssen ihn behutsam wieder heranführen.»
Eine Verletzung kommt nie zum richtigen Zeitpunkt. Aber für Zakaria passierte sie bestimmt in einem äusserst unglücklichen Moment. Die Top-Klubs Europas hatten ihm nachgestellt. Von Bayern München, Liverpool oder Manchester City war die Rede, von 40, 50 Millionen Euro Ablöse. Auch der FC Barcelona soll interessiert gewesen sein.
Das sind diese Klubs (und wohl noch einige andere) jetzt immer noch, aber der Hype hat in den letzten Monaten natürlich etwas nachgelassen. Weil Zakarias Vertrag in Mönchengladbach im Sommer 2022 ausläuft, ist auf die neue Saison hin trotzdem mit einem Wechsel zu rechnen. Die Borussia hat «kein Interesse daran, Verträge auslaufen zu lassen», wie Sportchef Max Eberl kürzlich sagte.
Will der Klub Zakaria gewinnbringend verkaufen, muss er das Geschäft im nächsten Sommer abwickeln – oder die Zusammenarbeit muss vorzeitig verlängert werden. Doch anders als Nico Elvedi, der vor wenigen Tagen seinen ebenfalls 2022 auslaufenden Vertrag in Mönchengladbach verlängert hat, scheint Zakaria dazu nicht gewillt.
Vor dem Abflug nach Sofia sagt er: «Irgendwann will ich den nächsten Schritt machen, das ist klar.» Im Alltag geht dieser Schritt wohl in Richtung Premier League. Im Nationalteam vorerst zu einem erneuten Stammplatz – damit dem «Mann der Zukunft» bald wieder die Gegenwart gehört. (pre/sda)