Die Bilder und Videos, die gestern die Runde gemacht haben, empörten. René Fasel, der Präsident des internationalen Eishockeyverbands (IIHF), war in Minsk, einem der beiden geplanten Austragungsorte der Eishockey-WM 2021, und traf dort den belarussischen Machthaber und Diktator Alexander Lukaschenko.
Terrible optics as International Ice Hockey Federation president Rene Fasel embraces Aleksandr Lukashenko at a meeting in Minsk to discuss hosting the world championship in Belarus. That’s after months of brutal tactics against protesters & tens of thousands arrested & tortured pic.twitter.com/Gx3xe2b9aF
— Matthew Luxmoore (@mjluxmoore) January 11, 2021
Es kam aber nicht zu scharfen Worten und Kritik, sondern zu brüderlichen Umarmungen und netten Gesprächen mit einem Regierungsvertreter, gegen den Europa scharfe Sanktionen verhängt hat. Am Nachmittag posierte Fasel auch noch mit Dzmitry Baskau, dem Präsidenten des belarussischen Eishockeyverbands, gegen den eine Ermittlung wegen des Mordes eines politischen Aktivisten läuft.
Today Rene Fasel @IIHFHockey president was photographed with Dzmitry Baskau, head of BIHA. By the way, last December Fasel confirmed that IIHF launched an investigation into Baskau, accused of involvement in the death of Raman Bandarenka. pic.twitter.com/ExZg4RPA0F
— Sviatlana Tsikhanouskaya (@Tsihanouskaya) January 11, 2021
Diese Bilder sprechen eine deutliche Sprache. Sie zeigen, dass es Fasel egal ist, dass Lukaschenkos Regierung mehr als 10'000 Protestanten als politische Gefangene festhält. Dass es Fasel egal ist, dass die politische Opposition in Belarus unterdrückt und gar gefoltert wird. Dass es Fasel egal ist, dass in Belarus auch eine Schweizer Protestierende in Haft sitzt.
Dass Fasel immer noch darauf besteht, das Turnier wie geplant durchzuführen ist unerträglich und für die IIHF eine Schande. Es ist ein absolutes No-Go, derzeit in einem Land wie Belarus ein internationales Sportturnier durchführen zu wollen. Denn das käme einer Legitimation Lukaschenkos und seiner Methoden gleich.
Ähnlich schwach war auch das Statement des Schweizer Eishockeyverbands (SIHF) am gestrigen Abend. Dort schreibt Präsident Michael Rindlisbacher, dass eine «sichere und erfolgreiche Durchführung und Teilnahme an der Weltmeisterschaft» für Swiss Ice Hockey höchste Priorität habe. Er verfehlt damit den Punkt komplett.
ℹ️❗️ Stellungnahme von Michael Rindlisbacher, Präsident #SwissIceHockey, zu den aktuellen Diskussionen in Bezug auf die geplante A-WM 2021 in Minsk: pic.twitter.com/fMg2jlKp9d
— Swiss Ice Hockey (@SwissIceHockey) January 11, 2021
Es geht in der Diskussion nicht darum, dass die Teams vor Ort sicher sind. Es geht darum, dass die Bevölkerung in Belarus faire Wahlen erhält und ihre Meinung bei Demonstrationen äussern kann, ohne verhaftet zu werden. Und es geht darum, Lukaschenko nicht den «Prestige-Erfolg» einer Eishockey-WM im eigenen Land zuzugestehen.
Wenn der Schweizer Eishockeyverband tatsächlich «jegliche Form von Gewalt und Verstösse gegen Menschenrechte aufs Schärfste verurteilt», dann müssten sie wie der dänische Verband konsequent sein, und einen Boykott einer WM in Minsk ankündigen. Dann würde vielleicht auch genug Druck auf Fasel entstehen, sodass er seinen Fehler einsieht und Lukaschenko diese Weltmeisterschaft entzieht.
Mein Herz würde bluten, wenn die Schweiz freiwillig auf eine WM verzichtet. Aber noch mehr schmerzen diese PR-Plattitüden aus irgendeinem Marketing-Handbuch. Und dann sagen: Wir sind doch nur die kleine Schweiz, wir können nichts ändern.