Viel schlimmer kann es für Ferrari eigentlich nicht mehr kommen. Dachten viele in den letzten Wochen. Doch auf jeden Tiefpunkt folgt bei der einst so stolzen «Scuderia» ein noch tieferer Tiefpunkt. Beim GP von Belgien in Spa landeten die beiden Ferrari von Sebastian Vettel und Charles Leclerc auf den Rängen 13 und 14.
Dass beide Autos ohne Punkte ins Ziel kamen, hat es seit zehn Jahren nicht gegeben – letztmals in Silverstone 2010. Doch im Ziel ist man nicht einmal das beste Auto mit Ferrari-Motor. Das war Kimi Räikkönen im Alfa Romeo, der auf Rang 12 fuhr. Schon in der 19. Runde überholte der Finne seinen alten Ferrari-Kumpel Vettel und hielt ihn danach problemlos in Schach. «Kimi ist phasenweise sogar davongezogen», erklärte Vettel nach dem Rennen.
In der Konstrukteurswertung sieht es für Ferrari genauso düster aus. Als WM-Fünfter ist man so schlecht klassiert wie seit 1980 nicht mehr. Racing Point ist in Spa an den «Roten» vorbeigezogen und selbst das einst verspottete Werksteam von Renault liegt nur noch zwei Punkte hinter der «Scuderia».
CONSTRUCTOR STANDINGS: ROUND SEVEN 🏆@MercedesAMGF1 extend their lead at the top of the pile@RenaultF1Team move closer to the top five after record points haul #BelgianGP 🇧🇪 #F1 pic.twitter.com/Y8cQswpD54
— Formula 1 (@F1) August 30, 2020
Nach dem Rennen gab es ausserdem die Höchststrafe – Mitleid von der Konkurrenz. «Das ist nicht gut für die Formel 1 anzuschauen, wo die rumfahren», urteilte Mercedes-Boss Toto Wolff, der in Spa mal wieder einen Doppelsieg seines Teams bejubeln durfte.
Würde eigentlich nur noch fehlen, dass sich auch die beiden Fahrer zoffen. In Belgien wäre es beinahe dazu gekommen: Leclerc machte Druck auf Vettel und wollte mit aller Macht vorbeiziehen. Doch der Deutsche blieb hart und machte die Tür zu. Die Folge: Es krachte zwischen Leclerc und Vettel, die Wagen berührten sich. Zum Super-GAU kam es aber nicht, beide Ferrari blieben im Rennen und nach Rennende wurde der Vorfall totgeschwiegen.
Das schlechte Ergebnis hatte man bei Ferrari eigentlich erwarten müssen. Die Schwachstelle des SF1000 ist der Motor und auf den kommt es in Spa ganz besonders an. Vettel, der Ferrari nach dieser Saison verlassen wird, war nach dem Rennen trotzdem bedient. «Wir haben eigentlich einiges in der Kiste, aber es hat nichts funktioniert», urteilte der vierfache Weltmeister. «Es wäre schön, wenn wir über Nacht den Stein der Weisen fänden, aber der liegt nicht irgendwo. Es gibt keine Geheimnisse, keine Revolutionen über Nacht.»
Teamchef Mattia Binotto erklärte nach dem Rennen, dass die Probleme von Ferrari streckenspezifisch waren. «Na, wenn er das sagt, wird er schon Recht haben», scherzte Vettel. Von einer Krise will Binotto schon gar nichts wissen. «Wir stecken nicht in einer Krise», stellt der 50-jährige schweizerisch-italienische Doppelbürger klar. Er beschreibt es eher als «inmitten eines Sturms». Binotto führt aus: «Wir kennen unseren Kurs und müssen diesen beibehalten, indem wir nach vorne blicken.»
Der Blick auf die kommenden Wochen dürfte jedoch alles andere als positiv ausfallen. Mit Monza und Mugello stehen die beiden Heimrennen in Italien an, doch gerade in Monza kommt es wieder auf die Motorenleistung an. Ferrari dürfte also erneut hinterherfahren und die Ungeduld der Fans so richtig zu spüren bekommen. (pre)