St.Gallen soll Meister werden. Die Ostschweizer haben es verdient, die spielen mit einer jungen Truppe schönen Offensivfussball. Sie wägen das geringere Budget im Vergleich zu YB und FCB mit Teamgeist auf und zeigen, dass man so sportlich mithalten kann. Der Titel wäre der verdiente Lohn. Oder nicht?
In den vergangenen Wochen witterte man in der Ostschweiz eine Verschwörung. Die Wörter «Benachteiligung» und «Wettbewerbsverzerrung» haben in grün-weissen Fankreisen seit Monaten Hochkonjunktur. Vor Corona war da der VAR, der es nicht immer gut mit den St.Gallern meinte. Schon am ersten Spieltag entschied er bei der 0:2-Niederlage gegen Luzern zweimal gegen die Ostschweizer. Aber vor allem die pingelige Wiederholung des Elfmeters von Guillaume Hoarau tief in der Nachspielzeit beim 3:3 im Spitzenspiel gegen YB hinterliess Ende Februar Spuren. «Als wollte man das Leicester der Schweiz nicht», titelte die Lokalpresse.
Und das «St. Galler Tagblatt» sucht auch nach dem Restart fleissig wettbewerbsverzerrende Benachteiligungsgründe. So fand der Fan-Kolumnist heraus, dass St.Gallen im Vergleich zur Konkurrenz aus Basel und Bern überdurchschnittlich oft weniger Ruhetage hat als der jeweilige Gegner: «Wettbewerbsverzerrung par excellence!» sei das.
Dazu spielt St.Gallen einmal mehr als Basel und zweimal mehr als YB in der brütenden Nachmittagshitze um 16 Uhr. Das schlaucht. Und natürlich passt es der Liga, dass der coronabedingt quarantänisierte FCZ ausgerechnet gegen Basel und YB mit der U21 beziehungsweise ohne Training spielen muss. Gratispunkte und Tore für YB und FCB gegen den FCZ, der in dieser Saison alle drei Spiele gegen den FSCG gewann und am Samstag gesund und munter zum Duell mit den Espen lädt.
Der Club selber hat sich bemerkenswerterweise nie kritisch zu all diesen Themen geäussert. Trainer Peter Zeidler und sein Team verzichten bislang auf Alibis und nehmen es sportlich. Vielleicht sind sich Zeidler und Co. aber auch einfach bewusst, dass die Benachteiligungs-Theorien teilweise Humbug sind. Vor allem die Ruhetags-Wettbewerbsverzerrung existiert schlicht nicht.
Die Auswertung der 44 Super-League-Spiele nach dem Restart zeigt, dass Teams mit weniger Ruhetagen als der Gegner sogar öfter das Spiel gewinnen als Teams mit mehr Ruhetagen. In dieser Statistik steht es 10:7 für die Schnellwiederspieler.
Ich finde es daher etwas sehr verallgemeinernd zu schreiben, dass man in der Ostschweiz Verschwörungen wittert. Auch ist es völlig irrelevant, ob der FCSG nun 3 Mal gegen den FCZ verloren hat oder nicht. Fakt ist, dass sowohl FCB als auch YB gegen ein massiv geschwächtes Team antreten durften. Verschwörung? Nein, Quatsch. Nachteil? Ja, kann sein, aber es ist halt wies ist. Vorwärts schauen.
Es geht darum, die gleichen Voraussetzungen zu schaffen. Und weder die unterschiedliche Anzahl Pausentage zwischen Spielen noch das Spielen der FCZ U21 gegen direkte Konkurrenten schafft gleiche Voraussetzungen.
Da spielt doch überhaupt keine Rolle, wie viele Punkte YB, Basel und SG bisher gegen Zürich geholt haben! Dass ein Journalist überhaupt dieses Argument aufgreift zeigt eigentlich, dass er von sportlichem Wettbewerb keine Ahnung hat.