Am 11. November 1987 wird nicht nur die Fasnacht eröffnet. In Irland wird an diesem Tag die erstmalige Qualifikation für ein grosses Turnier gefeiert – weil «Bruder» Schottland in Bulgarien siegt und somit Schützenhilfe leistet.
Die EM-Teilnahme möglich gemacht hat ein englischer Weltmeister von 1966: Jack Charlton. Als er in Irland die Nationalmannschaft übernimmt, sucht er in ganz Grossbritannien nach möglichen Spielern. Viele in England und Schottland tätige Akteure haben irische Wurzeln und lassen sich dazu bewegen, für das Team von der grünen Insel aufzulaufen.
«Jeder dieser Spieler ist ein überzeugter Ire», entgegnet Charlton Kritikern seiner Praxis. «Hätten nicht wirtschaftliche Gründe ihre Eltern oder Grosseltern zum Auswandern gezwungen, dann wären sie in Irland geboren und gross geworden.»
Auch dank der vielen Doppelbürger gelingt Irland überraschend als eines von acht Teams die Teilnahme an der EM 1988. In Deutschland treten die Neulinge als klarer Aussenseiter an. Letztlich fehlen dann bloss acht Minuten für den Einzug in die Halbfinals.
Das Turnier beginnt für Irland gegen Erzrivale England. Ausgerechnet, spielen doch acht Iren in der Startelf dort (die anderen drei sind bei Celtic Glasgow unter Vertrag). Im Stuttgarter Neckarstadion sind erst sechs Minuten gespielt, als die «Boys in Green» in Führung gehen. Der nur 1,70 m grosse Ray Houghton köpft den Ball über Peter Shilton ins Tor.
Die Engländer sind geschockt, kommen aber ins Spiel zurück. Gary Lineker und Peter Beardsley versieben jedoch gleich reihenweise beste Chancen, dazu hält der irische Goalie Pat Bonner an diesem Tag ausgezeichnet. Die Abwehr Irlands lässt sich nicht bezwingen, Jack Charlton und seinen Jungs gelingt eine faustdicke Überraschung.
Und die Iren knüpfen daran an. Im zweiten Gruppenspiel nehmen sie der Sowjetunion, die als Titelanwärter gilt, beim 1:1 einen Punkt ab. So reicht gegen Holland schon ein Unentschieden für den sensationellen Vorstoss in den EM-Halbfinal. Doch dazu kommt es nicht: In der 82. Minute schiesst der eingewechselte Wim Kieft den 1:0-Siegtreffer für die Oranje.
Irland ist ausgeschieden, darf aber dennoch stolz auf sein erstes Turnier zurückblicken. Diese goldene Generation der Iren schafft es 1990 und 1994 auch, sich für die WM zu qualifizieren.
In Italien stösst das Team bis in den Viertelfinal gegen den Gastgeber vor. Vier Jahre später gelingt die Revanche: Zum WM-Auftakt in den USA siegt Irland gegen Italien mit 1:0. Torschütze ist wie schon sechs Jahre zuvor Ray Houghton.
Jack Charlton bleibt bis im Herbst 1995 Trainer der irischen Nationalmannschaft und wird im Jahr darauf zum Ehrenbürger der Republik Irland ernannt. Bis heute sind die Jahre unter der Regentschaft des 2020 verstorbenen «Big Jack» die erfolgreichsten in der Geschichte des Verbands.