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Jeker verliert die Tour de Suisse 2004 gegen Ullrich um eine Sekunde

German Jan Ullrich, centre, overall winner of the Tour de Suisse cycling race, Swiss Fabian Jeker, left, second in the overall ranking and Dario David Cioni, from Italy, right, third in the overall ra ...
Ein etwas gequältes Lächeln: Fabian Jeker neben Gesamtsieger Jan Ullrich und dem Drittplatzierten Dario Cioni (von links).Bild: KEYSTONE
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Jeker verliert die Tour de Suisse gegen Ullrich um eine einzige Sekunde

20. Juni 2004: TV-Legende Hans Jucker verschreit schon den Gesamtsieg. Doch der letzte Kilometer des Zeitfahrens in Lugano wird für Fabian Jeker lang und länger. So lange, dass der Baselbieter am Ende eine Sekunde zu lange braucht.
20.06.2020, 00:0120.06.2020, 15:48
Ralf Meile
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Gut für Fabian Jeker, dass er Fernsehreporter Hans Jucker nicht hört. Denn die SRF-Legende verkündet schon dreihundert Meter vor der Ziellinie in Lugano, dass es Jeker zum Gesamtsieg der Tour de Suisse reichen wird.

Er sollte sich irren. Denn das Duell zwischen Jeker und dem Deutschen Jan Ullrich ist da noch auf Messers Schneide. Bis zum letzten Meter des abschliessenden Zeitfahrens muss der Gesamtführende Fabian Jeker alles geben, um die Schweizer Landesrundfahrt zu gewinnen. Jeker gibt auch bis zum letzten Meter alles – doch das reicht am Ende nicht. Um eine einzige Sekunde ist Ullrich nach 1438 Kilometern schneller als der 35-jährige Baselbieter.

«Jan ist ein Champion, ich bin auch einer»

«Ich dachte, es haut mich vom Velo», sagt Jeker der «Basler Zeitung», «das ist einfach zum Heulen.» Und er betont: «Aber als Verlierer fühle ich mich nicht. Nur als Zweiter.»

«Ich kam ins Ziel und glaubte zunächst, dass ich gewonnen hätte. Dann sagte man mir, dass mir eine Sekunde fehle», schildert Jeker im SRF-Interview und lässt der Aussage eine längere Pause folgen, ehe er grundsätzlich wird. «Das Leben eines Sportlers ist brutal. Erfolg und Misserfolg liegen so nahe beisammen», weiss der gelernte Maurer. «Ich gab alles, was ich konnte. Jan ist ein Champion, ich bin auch einer. Wer gewinnen kann, kann auch verlieren. Jetzt bin ich halt Zweiter.»

Ullrich hatte schon nach der 1. Etappe das Leadertrikot getragen, als er in Beromünster vor den drei Schweizern Oscar Camenzind, Fabian Jeker und Steve Zampieri gewonnen hatte. Er trug es eine Woche lang, ehe Jeker es ihm dank Rang 2 bei einer Bergankunft in Malbun auszog. Doch im abschliessenden Zeitfahren wendet der deutsche Tour-de-France-Sieger von 1997 das Blatt noch einmal.

New overall leader, Swiss Fabian Jeker, is kissed on the podium of the 7th stage of the 68th Tour de Suisse cycling race from Linthal to Malbun, Liechtenstein, Friday, June 18, 2004. (KEYSTONE/Juerg M ...
Zwei Tage vorher schlüpft Jeker in Malbun ins Leadertrikot.Bild: KEYSTONE

Jeker, das Paradies und Bierkübel

«Das ist sagenhaft», fasst der Wahl-Schweizer Ullrich seinen Triumph zusammen. Doch letztlich sieht sich auch Verlierer Jeker als Gewinner, schliesslich kommt er dem grössten Erfolg seiner Karriere so nah: «Ich kann diese Tour de Suisse nur mit erhobenem Haupt verlassen.» Drei Tage lang darf er das gelbe Trikot tragen, «dieses Erlebnis kann mir niemand mehr nehmen.» Nur ein Schweizer hat seither die eigene Landesrundfahrt gewinnen können: Fabian Cancellara im Sommer 2009.

Jeker bliebe ein Trost, schreibt die NZZ und nimmt Bezug auf die Tatsache, dass das Zeitfahren in Lugano-Paradiso endete: «Er hatte das Paradies gesehen. Doch Jan Ullrich war auch nach dem Rennen noch dort.»

Doch ob das wirklich ein Trost ist? In der «Basler Zeitung» verrät Jeker seinen Plan, wie er das Geschehene zu verdauen gedenkt: «Zu Hause habe ich zwei grosse Kübel stehen. Die werde ich mit Bier füllen und austrinken.»

Swiss Fabian Jeker is exhausted and dissapointed after arriving from the 9th and final stage of the 68th Tour de Suisse, a cycling race against the clock over 25,6 kilometers in Lugano, Switzerland, S ...
Er hat alles gegeben, doch das hat nicht gereicht.Bild: KEYSTONE

Noch knapper ging es an der Tour de Suisse nur einmal zu und her. 1941, als die Rundfahrt wegen des Weltkriegs nur drei Etappen umfasste, lagen die Schweizer Josef Wagner und Werner Buchwalder zeitgleich an der Spitze. Ein Bahnsprint sollte über den Gesamtsieg entscheiden. Zunächst auf der Offenen Rennbahn angesetzt, wurde er wegen Regen und Dunkelheit ins Hallenstadion verlegt, wo schliesslich Wagner triumphierte.

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