2017 war eine rauschende Kryptoparty. Die Kurse stiegen nicht einfach, sie explodierten. Und das, obwohl die Blockchain noch in den Kinderschuhen steckt, der Mempool von Bitcoin verstopft (gemacht?) wurde und Ethereum von ein paar digitalen Kätzchen in die Knie gezwungen wurde.
Apropos Kätzchen: Je ausgelassener die Party, desto schlimmer der Kater danach.
2018 folgte der Brummschädel. Und als ob der nicht schon schlimm genug wäre, hagelt es jetzt auch noch Hohn und Spott – die Krypto-«Ich-has-der-doch-scho-immer-gseit»-Schwalben fliegen wieder tief.
Was ist also von der momentanen Baisse im Kryptomarkt zu halten? Ist sie einfach nur eine Korrektur? Kommt jetzt die Eiszeit? Die Meinungen gehen stark auseinander.
Weil Ethereum-Co-Gründer Joseph «Joe» Lubin die Fähigkeit hat, Komplexes (relativ) verständlich zu erklären, ist er ein beliebter Interview-Partner. Seine Firma ConsenSys, welche Applikationen für das Ethereum-Netzwerk produziert, beschäftigt rund 700 Mitarbeiter – Tendenz steigend. Und was sagt Joe Lubin zum aktuellen Kursfall?
Joe Lubin, der sich auf mittlerweile veraltete Zahlen beruft, bemüht eine der vielen alten (und zum Teil herrlichen) Börsenweisheiten: «In doubt, zoom out». Gemeint ist, dass man sich im Zweifel über kurzzeitige Bewegungen an den Märkten einen historischen Überblick schaffen sollte.
Auf die Frage, ob die «Korrektur» sich in der Retrospektive als nützlich erweisen werde, nimmt Lubin allerdings differenzierter Stellung:
Letzten Dezember – also mitten im Überhype – interviewte Krypto-YouTuber und Serienunternehmer Ameer Rosic den charismatischen Bitcoin-Apostel Jameson Lopp.
Lopp, ein Bitcoin-Core-Entwickler und Gründer von Satoshi.info, ist dank seinen zahlreichen Artikeln auf Medium und seiner regen Twitter-Präsenz eines der bekanntesten Gesichter im Bitcoin-Universum. Vor allem auch, weil er nicht vor Provokationen zurückschreckt:
Ameer Rosic: «Das Geld, die Gier, die Faszination schnell reich zu werden, hat die Realität und die Möglichkeiten der Technologie überrannt.»
Jameson Lopp: «Wir brauchen einen deftigen Crash».
Rosic: «Genau.»
[Beide lachen auf den Stockzähnen]
Lopp: «Unglücklicherweise ist es tatsächlich so. In den zwei Jahren der Ernüchterung [Lopp meint von 2014-2016, Anm.d.Red.] war jeder Blick auf den Kurs entmutigend. Der Preis bewegte sich einfach nicht. Andererseits brachten wir [die Entwickler, Anm.d.Red.] in der Zeit viel zustande – weil wir uns nicht ständig ablenken liessen.»
Obwohl nicht ohne Kritiker, gehört Coindesk zu den einflussreichsten Publikationen der Szene. Mit grimmiger Miene fokussiert Coindesk heute auf die amerikanische Börsenaufsicht (SEC).
Die rechtliche Gültigkeit von ICOs (Initial Coin Offerings) sei in Amerika noch immer nicht sauber geklärt. Trotzdem untersuche das SEC aber diverse Fälle. Auf welche Gesetzgebung das SEC sich beruft, werde dabei nur ungenügend aufgeklärt.
Die erwähnte Problematik pointiert sich in der Klassifizierung der offerierten Coins. Werden diese als Sicherheiten oder als Währungen wahrgenommen, ist die Rechtslage in den USA relativ geklärt. Sogenannte Utility-Tokens würden sich aber in einem Graubereich bewegen. Nur, welche Coins gehören dazu?
Die Ungewissheit verunsichere amerikanische Anleger, glaubt Coindesk zu wissen – und malt ein düsteres Szenario für die nahe Zukunft der Kryptos.
Bestätigung erhält Coindesk von Forbes: 2018 sei das Jahr der Kryptoreglementierungen – was per se nichts Schlechtes sein muss. Der Kommentar trug aber den Titel: «Go Home Crypto Regulators, You're Drunk.»
Zurück zur Technologie: Obwohl wir erst im dritten Monat des Jahres 2018 sind, haben sich diverse Projekte enorm verbessert:
Bitcoins Mempool ist vergleichsweise leer. Ausserdem wurde das Lightning-Netzwerk aufgeschaltet und auch SegWit erfreut sich immer grösserer Beliebtheit. Der heutige 8000-Dollar-Bitcoin ist dem letztjährigen 20'000-Dollar Bitcoin etwa so überlegen wie Bud Spencer einer Horde Matrosen. Und trotzdem muss sich Buddy verprügeln lassen.
Die Nr. Zwei, Ethereum, lässt auch nicht locker und macht in Sachen Proof of Stake immer ernster – von den vielen anderen Projekte, die in den letzten Wochen technische Meilensteine schafften, ganz zu schweigen.
Wie ein befreundeter, aber nicht namentlich erwähnt sein wollender Investor es formulierte: «Die Kryptosphäre ist so verrückt, man muss sie einfach lieben.»