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Warum der grüne Boom kommen wird

President Joe Biden signs a series of executive orders on health care, in the Oval Office of the White House, Thursday, Jan. 28, 2021, in Washington. The Democratic push to raise the minimum wage to $ ...
Wild entschlossen: Präsident Joe BidenBild: keystone
Analyse

Warum der grüne Boom kommen wird

Präsident Joe Biden ist entschlossen, einen Green New Deal durch den Kongress zu peitschen. Er wird Erfolg haben, denn die Partei steht geschlossen hinter ihm – und auch die Wirtschaft.
05.02.2021, 11:12
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Der 27. Januar 2021 könnte dereinst als historisch eingestuft werden, als Wendepunkt in der leidvollen Geschichte gegen die Klimaerwärmung. Joe Biden stellte an diesem Tag vor, wie er diesen Kampf zu gewinnen gedenkt. Der Präsident übertraf dabei alle Erwartungen.

Konkret zählte er auf: Erneuerbare Energie soll gefördert, Bundesland für Öl- und Gasbohrungen geschlossen werden. Die Bundesregierung wird im grossen Stil elektrische Autos für den Eigengebrauch erwerben. Das Justiz-, das Umwelt- und das Energiedepartement werden mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattet, so dass sie in der Lage sind, «Umweltgerechtigkeit» durchzusetzen.

Ferner kündete Biden an, dass das Verteidigungsministerium dem Klimawandel oberste Priorität bezüglich nationaler Sicherheit einräumen werde. Zuvor schon hatte der Präsident erklärt, die USA würden dem Pariser Klimaabkommen wieder beitreten. Gleichzeitig hatte er mittels eines präsidialen Erlasses den Weiterbau der umstrittenen Pipeline Keystone XL gestoppt.

FILE - In this Aug. 21, 2017, file photo, a pipe fitter lays the finishing touches to the replacement of Enbridge Energy's Line 3 crude oil pipeline stretch in Superior, Wisc. After President Joe ...
Wurde gestoppt: der Bau der Pipline Keystone XL.Bild: keystone

Selbst langjährige Umweltschützer wurden vom Tempo des Präsidenten überrascht. Mike Brune, Direktor der Umweltorganisation Sierra Club, erklärte gegenüber dem Magazin «Rolling Stone»:

«Es ist schwer sich vorzustellen, die Woche hätte besser verlaufen können. Was den Umweltschutz betrifft, wechseln wir vom schlimmsten Präsidenten in der Geschichte unseres Landes zu einem Präsidenten, der die ehrgeizigsten Ziele in Sachen Ökologie vorgeschlagen hat.»

An die Adresse der Investoren machte Biden auch mehr als deutlich, dass sie besser die Finger von Anlagen in fossile Brennstoffe lassen sollten. «Kohle, Öl und Gas sind Vergangenheit, nicht die Zukunft», schreibt dazu der «New Yorker». «Natürlich sind sie – zumindest noch vorläufig – auch die Gegenwart. Aber man verdient kein Geld, wenn man auf die Gegenwart setzt.»

Noch vor kurzem wäre ein solches Programm mit einem wütenden Aufschrei der Business-Gemeinde beantwortet worden. Diesmal protestiert kaum jemand. Im Gegenteil, es herrscht Partystimmung. So jubelt etwa Burkhard Varnholt, Chief Investment Officer bei der CS, in seinem jüngsten Wochenbericht:

«Unsere US-Ökonomen haben jüngst unsere 2021-Wachstumsprognose für die US-Wirtschaft auf 6,6 Prozent erhöht. So stark wuchs die US-Wirtschaft seit 30 Jahren nicht mehr.»

Stolz verweist Varnholt dabei auf die Performance seiner Bank:

«In der Zwischenzeit legte der vor viereinhalb Monaten lancierte ‹Biden Basket›, der besonders in erneuerbare Energien investiert, bereits 41,2 Prozent zu. Das sind immerhin 30 Prozent mehr als sein US-Vergleichsindex.»

Bidens Pläne sind nicht nur ehrgeizig, sie stehen auch auf einem soliden finanziellen Fundament. Zu den rund 3,5 Billionen Dollar, die bereits unter Trump vom Kongress verabschiedet wurden, sollen sich noch 1,9 Billionen Dollar für den «American Rescue Plan» und 2 Billionen Dollar für einen «Green New Deal» gesellen, auch wenn Biden diesen Begriff meidet.

Meiden wird Biden auch die List seiner politischen Gegner. Als Barack Obama 2009 seine Amtszeit antrat, wollte er ebenfalls der Wirtschaft mit einem massiven Hilfsprogramm unter die Arme greifen. Die Republikaner verhinderten dies, indem sie ihn mit Zusagen hinhielten, um ihn dann im letzten Moment ins Leere laufen zu lassen. Das Hilfsprogramm fiel zu mickrig aus, die Wirtschaft erholte sich nur schleppend.

President Joe Biden meets Republican lawmakers to discuss a coronavirus relief package, in the Oval Office of the White House, Monday, Feb. 1, 2021, in Washington. From left, Sen. Mitt Romney, R-Utah, ...
Der Präsident mit republikanischen Senatoren im Oval Office.Bild: keystone

Ein zweites Mal wird den Republikanern dieser Trick nicht gelingen. Biden, aber auch Nancy Pelosi und Chuck Schumer, die demokratischen Mehrheitsführer in den beiden Kammern, haben klar gemacht, dass sie diesmal nicht nur wild entschlossen sind, diese beiden Programme durch den Kongress zu peitschen, sondern dass sie auch die Möglichkeit dazu haben.

Dank dem «Reconciliation-Verfahren» (fragt nicht), können sie die beiden Gesetzesvorlagen durchdrücken, ohne von einem «Filibuster» (fragt ebenfalls nicht) auf den Sankt Nimmerleinstag vertröstet zu werden.

Mit Ausnahme der Öl- und Gasindustrie steht auch die Wirtschaft hinter Bidens Plänen. So hat General Motors bereits angekündigt, ab 2035 nur noch emissionsfreie Autos zu verkaufen, die meisten davon Elektroautos. GM hat sich zu diesem Zweck bereits verpflichtet, 27 Milliarden Dollar für die Entwicklung von 30 neuen Modellen von Elektroautos aufzuwenden.

«Wir tun dies, um ein nachhaltiges Business aufzubauen», erklärt dazu der für Nachhaltigkeit zuständige Manager Dane Parker gegenüber der «New York Times». «Wir wollen in 15 Jahren ein blühendes Geschäft haben.»

Einen ersten Erfolg kann GM bereits vorweisen. Der Hummer, einst der übelste Benzinschlucker schlechthin, ist nun als Elektromodell erhältlich. Die Produktion des ersten Jahres wurde bereits verkauft.

GM spürt den heissen Atem von Elon Musk im Nacken. In der Börse ist Tesla derzeit zehn Mal mehr wert als das Traditionsunternehmen. Will GM nicht in der Vergessenheit versinken, muss jetzt gehandelt werden.

The GMC HUMMER EV is driven by next-generation EV propulsion technology that enables unprecedented off-road capability, extraordinary on-road performance and an immersive driving experience.
Nun als Elektromodell erhältlich: das ehemalige Benzinmonster Hummer.Bild: comments://759854261/3168123

Es bestehe derzeit nicht die Gefahr, dass zu viel Geld in die Wirtschaft gepumpt werde, sondern zu wenig, erklärte kürzlich die neue Finanzministerin und ehemalige Notenbank-Präsidentin Janet Yellen. Präsident Biden hat sich dies zu Herzen genommen. So kommentiert die «Financial Times» seine Pläne für einen Green New Deal wie folgt:

«Mr. Biden hat bessere Chancen, erfolgreich zu sein, als andere. Er ist entschlossen, den Klimawandel auf eine Art zu bekämpfen, wie es noch kein anderer US-Präsident getan hat. Er hat ein Team von erfahrenen Experten zusammengestellt und die Umweltpolitik in alle Bereiche der Verwaltung eingebettet. Diese integrierte Strategie sollte bald weltweit als Vorbild dienen. Mit ein bisschen Glück könnte es Biden auch gelingen, seine Pläne in die Realität umzusetzen.»
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59 Kommentare
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Laborant
05.02.2021 11:51registriert November 2019
Ich hoffe, dass allerdings nicht nur die bereits progressiven Staaten davon profitieren, sondern auch ggf. Windturbinen im "Rust Belt" oder "Bible Belt" gebaut werden.
Die Leute dort brauchen auch eine Zukunft - sonst wählen die in vier Jahren einfach Trump 2.0.
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Frodo Bilbo
05.02.2021 11:53registriert September 2020
Endlich tut sich was...
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RicoH
05.02.2021 11:39registriert Mai 2019
Unsere ach so "liebe" CS: Stolz verweist Varnholt dabei auf die Performance seiner Bank: «In der Zwischenzeit legte der vor viereinhalb Monaten lancierte ‹Biden Basket›, der besonders in erneuerbare Energien investiert, bereits 41,2 Prozent zu. Das sind immerhin 30 Prozent mehr als sein US-Vergleichsindex.»
Dass er dabei vergisst, dass Investitionen in erneuerbare Energien schon seit Jahren (ja auch in der Schweiz) gefordert werden, schiebt er locker beiseite. Aber ja, man ist jetzt halt einfach stolz, im letzten Moment auf das richtige Pferd gesetzt zu haben...
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