Familien im ganzen Land müssen sparen, die Regierung sollte es ihnen gleichtun.» Mit diesem Satz fügte sich Barack Obama vor acht Jahren der damaligen globalen Sparwelle. Er wurde inmitten der Finanzkrise zum Präsidenten, Joe Biden zum Vize.
In der Coronakrise müssen die Familien wiederum sparen. Doch Biden will Geld ausgeben, die gewaltige Summe von 1.9 Billionen Dollar. «Es ist nicht günstig. Aber nicht zu handeln, kostet uns umso mehr.»
We have no time to waste when it comes to getting this virus under control and building our economy back better. Tune in as I announce my American Rescue Plan. https://t.co/4YAg0nhJMn
Joe Biden (@JoeBiden) January 15, 2021
Wo Obama und sein Vize Biden zauderten, gibt Biden nun den mutigen Big Spender, den grossen Geldausgeber. Rund 2 Billionen Dollar sind gewaltige Zahl, selbst für die USA mit ihrer 20-Billionen-Dollar-Wirtschaft. Der Wandel im Denken von Biden beschleunigt eine Trendwende an den amerikanischen Kapitalmärkten, die globale Auswirkungen hat. Sie reichen über in den Atlantik hinein in den Schweizer Hypomarkt.
Die US-Wirtschaft war in der Coronazeit lange Zeit gekennzeichnet durch einen frappanten Gegensatz: rekordhohe Arbeitslosigkeit, boomende Aktienbörse. Der Boom war sozusagen alternativlos. Wohin mit der Geldschwemme, wenn die Renditen auf Anleihen ins Bodenlose fallen? Im August 2020 notierten die Renditen auf 10-jährige Staatsanleihen auf einem Allzeittief. Und mit ihnen auch die Stimmung der Märkte.
Die Renditen zeigten an: Der Kapitalmarkt erwartete auf Jahre hinaus keinen Aufschwung. Und keine Aussicht auf Wachstum bedeutet keine Aussicht auf höhere Renditen. Die Finanzpresse erklärte den Lesern, was Negativzinsen für sie bedeuten würden. Präsident Trump brüllte danach: «Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Negativzinsen haben sollten.»
Dann drehte es. Die Meldung von hochwirksamen Impfstoffen gab Zuversicht. Als die demokratische Partei dann Nachwahlen für den Senat gewann, war der Weg frei für Biden den Big Spender. Die Renditen gingen sprunghaft in die Höhe (siehe Chart). Denn Biden muss Geld beschaffen, und gibt dafür Schuldpapiere aus. Die Nachfrage nach Kapital steigt, die Renditen auch. Die Ankündigung des 1.9 Billionen-Pakets beschleunigt den Trend.
Der Sturm auf das Kapitol entmutigte die Investoren nicht. Die Geschichte gibt ihnen recht. Wie der Ökonom Paul Krugman herausstrich, gingen die Rassenunruhen und Vietnam-Proteste in den 60er und 70er Jahren einher mit einem Wirtschaftsboom. Die USA erlebten gerade einen politischen Albtraum, so Krugman. «Die Wirtschaft wird wohl dennoch gut laufen.»
Die USA haben einen Wendepunkt bei den Renditen hinter sich. Aus der Geschichte wissen die Analysten der Zürcher Kantonalbank, dass die Renditen in der Schweiz nachziehen. Sie gehen zwar weniger hoch als in den USA, aber doch deutlich. Schliesslich steigen auch die Hypothekarzinsen. ZKB-Zinsspezialist Simon Lustenberger sagt, die Hypothekarsätze würden nun tendenziell mit den Kapitalmarktrenditen steigen.
Ist das die Zinswende, vor deren Folgen die Nationalbank unermüdlich warnt? Lustenberger winkt ab. Die Schweiz bleibe weit entfernt von der alten Normalität, als die Nationalbank noch Leitzinsen von 2 Prozent hatte. «Aber in der neuen Normalität einer Nullzinspolitik erleben wir eine Wende der Renditen, auch diese hat Folgen.» Hypothekarnehmer werden etwas mehr zahlen müssen. Wobei sie sich diesem Trend entgegenstemmen können, wenn sie fleissig nach dem besten Angebot shoppen.
Gemäss dem Beratungsdienst Moneypark hat sich der Wettbewerb unter den Banken zuletzt verschärft. Vor allem solche Banken mussten bessere Konditionen bieten, die zuvor vergleichsweise teure Angebote machten. So stünden am Ende nicht die Hypothekarschuldner mit höheren Zinsen da. Die Banken hätten tiefere Margen.
Damit die Schweiz die neue Normalität der rekordtiefen Zinsen verlässt – dafür müsste die Schweizerische Nationalbank ihre Leitzinsen erhöhen. Erst dann könnte man gemäss Lustenberger von einer «Zinswende» sprechen. Dass SNB-Direktor Thomas Jordan zu einer solchen Wende ansetzt – dafür gibt es noch keine Anzeichen.
Zuvor müsste die Europäische Zentralbank unter Christine Lagarde von ihren rekordtiefen Leitzinsen lassen. Ehe das geschieht, müsste die Inflation in Europa anziehen. Bevor das geschieht, bräuchte es eine lange Zeit kräftigen Wachstums. Und dafür braucht die EU einen Aufschwung. Derzeit ist sie grossenteils im Lockdown. (aargauerzeitung.ch)
Ist ein mutiger Schritt so viel Geld auszugeben, aber seine Pläne die Unterschicht zu schützen würden auch der Schweiz guttun. Jeder der 40h Arbeitet darf nicht unter der Armutsgrenze leben, egal ob Pandemie oder sonst was.