Wirtschaft
International

Jetzt lässt auch die Börse Donald Trump im Stich

President Donald Trump listens as Nevada business leaders talk at Trump International Hotel Las Vegas, Wednesday, Oct. 28, 2020, in Las Vegas. (AP Photo/Evan Vucci)
Donald Trump
Donald Trump bei einer Veranstaltung mit Geschäftsleuten in Las Vegas.Bild: keystone

Jetzt lässt auch die Börse Donald Trump im Stich

Die Coronakrise setzt dem US-Präsidenten arg zu. Nun droht auch noch die schlechteste Börsenwoche seit dem Frühling.
29.10.2020, 14:56
Mehr «Wirtschaft»

Die Börse ist für Donald Trump das Mass aller Dinge. Das Prahlen mit den steigenden Aktienkursen gehört zu seinem Wahlkampf-Repertoire genauso wie die Schmähungen an die Adresse seiner Gegner.

Weil Aktien einen zentralen Pfeiler der amerikanischen Altersvorsorge darstellen – dank den sogenannten «401K»-Plänen – erhofft sich der Präsident, mit steigenden Börsenkursen auch die Gunst der Senioren zu erringen. Typisch seine Ausführungen an einer Rally kürzlich im Bundesstaat Ohio:

«Die Wahl ist eine Entscheidung zwischen einer Super-Erholung der Wirtschaft und einer Biden-Depression. Ihr werdet eine Depression kriegen. Und was ist mit euren 401Ks? Ihr könnt sie wegschmeissen. Sie sind nichts mehr wert.»

Dank der Geldschwemme der Zentralbanken und dem grenzenlosen Vertrauen der Daytrader hat die Börse Trumps Spiel bisher mitgespielt. Obwohl die reale Wirtschaft wegen Corona massiv eingebrochen ist, haben sich die Aktienkurse erstaunlich rasch erholt.

epa08782163 US President Donald J. Trump acknowledges the crowd after adressing supporters at Goodyear Airport in Phoenix, Arizona, USA, 28 October 2020. Arizona, which has been a traditionally Republ ...
Der Präsident suhlt sich in einem Bad in der Menge.Bild: keystone

Doch ausgerechnet in der alles entscheidenden Woche vor den Wahlen scheint die Börse Trump im Stich zu lassen. Die Börsenindices Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq sind gestern um mehr als drei Prozent eingebrochen. Drei Tage hintereinander schlossen die Börsen damit im Minus. Den Investoren droht die schlimmste Woche seit dem Crash im März.

Der Stimmungsumschwung an den Finanzmärkten hat mehrere Gründe. Es ist inzwischen praktisch unmöglich, dass sich das Weisse Haus und der Kongress noch vor den Wahlen auf ein neues Hilfsprogramm einigen werden. Das wird die Konsumlust der Amerikanerinnen und Amerikaner dämpfen.

Weil inzwischen rund 70 Prozent der US-Wirtschaft vom Konsum abhängen, sind die Folgen gravierend. Hugh Gimber, Analyst bei JPMorgan, erklärt dazu im «Wall Street Journal»:

«Noch vor einem Monat sind die Marktteilnehmer davon ausgegangen, dass Lockdowns eine zeitlich und örtlich begrenzte Angelegenheit sein werden. Nun jedoch fürchten wir, dass die Auswirkungen länger und schwerwiegender sein werden.»

Dazu kommt, dass die Angst wächst, ein allfälliger Machtwechsel im Weissen Haus könnte nicht friedlich über die Bühne gehen. Der sogenannte «Angstindex» an der Börse, der Vix, bewegt sich weit über den normalen Durchschnitt und befindet sich auf dem höchsten Stand seit dem Juni.

epa08781436 A sign for Wall Street outside of the New York Stock Exchange in New York, New York, USA, 28 October 2020. Stocks were down again today, with the Dow Jones industrial average down over 800 ...
Die Wall Street zweifelt immer stärker an Trump.Bild: keystone

Trump hofft, dass die heute veröffentlichten Zahlen des Wachstums der realen Wirtschaft die Talfahrt an den Börsen auffangen wird. Das amerikanische Bruttoinlandprodukt hat im dritten Quartal um 33 Prozent zugelegt. Das Vertrauen der Business-Gemeinschaft scheint er jedoch verloren zu haben. «Corporate America bricht mit Donald Trump», meldet die «Financial Times» und stellt fest: «Es bildet sich ein wachsender Konsensus in Corporate America heraus, dass Mr. Trump nicht mehr gut fürs Geschäft ist».

In den Wirtschaftskreisen verbreitet sich eine Stimmung im Sinne von: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen. Will heissen: Trump hat sein Steuergeschenk abgeliefert, jetzt wird er zunehmend zu einer Last.

Die CEOs der führenden Unternehmen haben genug von der permanenten Unsicherheit, die der Präsident erzeugt. Jamie Dimon, Chef von JP Morgan und der wohl einflussreichste Banker an der Wall Street, fordert daher offen dazu auf, Biden zu wählen. Verschiedene Industrieverbände haben derweil ein Communiqué veröffentlicht, indem sie den Präsidenten dazu auffordern, einen allfälligen Machtwechsel nicht zu gefährden.

FILE - In this April 4, 2017 file photo, Jamie Dimon, Chairman and CEO of JPMorgan Chase, discusses his Annual Letter to Shareholders at the Chamber of Commerce of the United States of America in Wash ...
Geht auf Distanz zu Trump: Jamie Dimon, CEO von JP Morgan.Bild: AP/FR170694 AP

Das Macho-Gehabe Trumps passt nicht mehr in die moderne Geschäftswelt. In einer Zeit, in der sich alle Unternehmen bemühen, Rücksicht auf Umwelt und Mitarbeiter zu nehmen, scheint der Präsident einer aussterbenden Rasse anzugehören. Nochmals die «Financial Times»:

«Mr. Trump stellt eine überkommene Karikatur des Kapitalismus dar: Sein Fokus auf die Börse als einzigen Massstab des Fortschritts lassen ihn ausschauen wie den letzten Jünger von Milton Friedman und dessen Lehre vom Shareholder Value.»

Auch an der Coronafront sieht es düster aus für Trump. Speziell in den Staaten des sogenannten Rust Belts – Michigan, Ohio, Wisconsin, Pennsylvania – wütet das Virus derzeit besonders heftig. Mindestens drei dieser Staaten muss der Präsident jedoch gewinnen, will er im Januar eine zweite Amtszeit antreten.

Steigende Coronafälle sind Gift für Trump. Ausserhalb der Fox-News-Blase glaubt kaum jemand, dass er die Krise im Griff hat. Seine Aussagen, die USA seien im Begriff, die Kurve zu kriegen, ein Impfstoff sei in greifbarer Nähe und die Menschen könnten bald wieder zu ihrem normalen Leben zurückkehren, lösen nur noch Kopfschütteln aus.

ARCHIV - Anthony Fauci, Direktor des US-National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), tr�gt bei seiner Ankunft zu einer Anh�rung im Corona-Ausschuss des Repr�sentantenhauses einen Mun ...
Lässt sich keinen Maulkorb umbinden: Dr. Anthony Fauci.Bild: sda

Trumps blinder Optimismus steht im krassen Widerspruch zu den Prognosen der Experten. So erklärte Anthony Fauci gegenüber dem TV-Sender CNBC gestern: «Es wird alles noch schlimmer werden. Wir kommen nun in die kalte Jahreszeit, und wir können schlicht nicht mehr so weitermachen.»

Die Fakten bestätigen Faucis düstere Prognose. Gestern sind in den USA erneut mehr als 80’000 Personen positiv getestet worden. Mehr als 1000 Menschen sind an Covid-19 gestorben.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die wichtigsten Termine bis zu den US-Wahlen
1 / 10
Die wichtigsten Termine bis zu den US-Wahlen
Donnerstag 20. August (Daten beziehen sich auf US-Zeit, teilweise werden die Events erst am nächsten Tag europäischer Zeit statfinden):
Joe Biden wird an der Democratic National Convention in Milwaukee eine Rede halten. Biden wird an der Convention offiziell als demokratischer Kandidat gegen Donald Trump nominiert werden.
quelle: keystone / usa biden harris handout
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Debatte Biden Trump (201023) Dark Winter
Video: twitter
Das könnte dich auch noch interessieren:
17 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
tss
29.10.2020 15:58registriert Juni 2020
Etwas spät die CEOs der führenden Unternehmen.
20311
Melden
Zum Kommentar
avatar
banda69
29.10.2020 17:22registriert Januar 2020
Wall of lies.

Donald Trump hat jetzt die Mauer, die er verdient. Eine Mauer gepflastert mit seinen 20 000 Lügen.

Donald Trump, Rechtspopulist. What else.

Quelle: https://www.bkreader.com/2020/10/05/new-50-foot-wall-in-bushwick-displays-20000-lies-told-by-president-trump/
Jetzt lässt auch die Börse Donald Trump im Stich\nWall of lies.

Donald Trump hat jetzt die Mauer, die er verdient. Eine Mauer gepflastert mit seinen 20 000 Lügen.

Donald Trump, Rechtspopulist. Wh ...
15426
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pana
29.10.2020 21:32registriert Juni 2015
Nicht nur die Börse, auch seine Frau. Schaut euch mal die Videos und Fotos von seinen heutigen Auftritten an. Die Frau die mit ihm unterwegs ist (und er euphorisch küsst), ist vieles, aber ganz sicher nicht Frau Trump :D
5110
Melden
Zum Kommentar
17
Papst im Oster-Stress: Was auf den 87-Jährigen zukommt – und wie er das durchhalten will
Die Osterfeierlichkeiten sind für das katholische Kirchenoberhaupt die intensivste Woche des ganzen Jahres. Der gesundheitlich angeschlagene Franziskus muss bis an seine Belastungsgrenze gehen.

Für die zehntausend Gläubigen und Touristen auf dem Petersplatz war es ein banger Moment: Papst Franziskus sass während der Palmsonntagsmesse auf seinem Platz vor der Basilika, lauschte dem Verlesen des Evangeliums und als die Textstelle erreicht war, die vom Tod Jesu berichtet, erhob er sich, um seine vorbereitete Predigt zu halten. Aber er blieb zwei oder drei endlos wirkende Minuten lang stumm und wirkte dabei müde und gebrechlich.

Zur Story