Die Pauschalbesteuerung ist nicht gerecht. Findet sogar Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Trotzdem hat sie die Volksinitiative «Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre» bekämpft, und das Volk ist ihr gefolgt. Wenn es um Steuern geht, ist Gerechtigkeit ein relativer Begriff.
Besonders deutlich hat die Westschweiz Nein gesagt, wo die Besteuerung nach Lebensaufwand eine lange Tradition hat. Mehr als die Hälfte der rund 5700 Pauschalbesteuerten in der Schweiz leben in den Kantonen Genf, Waadt und Wallis. Das erzeugt Verlustängste.
Dabei könnten sie von Zürich lernen. Dort hat das Volk die Pauschalsteuer 2009 abgeschafft. Dank der Attraktivität des Kantons mit seinen vielfältigen Dienstleistungen blieben die befürchteten Mindereinnahmen aus. Zumindest Genf und Waadt könnten auf einen ähnlichen Effekt hoffen.
Schon mehr Verständnis kann man für das Nein der Gebirgsregionen aufbringen. Es gibt in der Tat keine Garantie, dass bei einer Abschaffung des Steuerprivilegs einfach «normale» Steuerzahler in die leer gewordenen Villen einziehen würden. Firmen mit attraktiven Arbeitsplätzen sind in den Bergen Mangelware. Trotzdem hat man Mühe mit der Vorstellung, dass weltberühmte Nobelferienorte wie Gstaad und St. Moritz ohne Pauschalsteuer nicht über die Runden kommen sollen.
Ein Unbehagen über die steuerliche Privilegierung von reichen Ausländern bleibt, darauf deutet auch der relativ hohe Ja-Anteil von 40 Prozent hin. Deshalb wollen Bund und Kantone die Pauschalbesteuerung verschärfen. Ein Patentrezept ist dies nicht, das zeigen erste Erfahrungen im Kanton Thurgau. Richtig ist dieser Schritt trotzdem, und man sollte noch weiter gehen.
So dürfen nach Aufwand besteuerte Personen in der Schweiz eigentlich nicht erwerbstätig sein. In der Praxis handelt es sich um einen Gummiparagrafen. Der russische Oligarch Viktor Vekselberg oder der österreichische Investor Peter Pühringer profitieren vom Steuerprivileg, obwohl sie hierzulande im grossen Stil unternehmerisch aktiv sind. Doch weil sie ihre Beteiligungen nur «verwalten», gelten sie nicht als erwerbstätig.
Dies ist der blanke Hohn, nicht zuletzt gegenüber Schweizern oder ordentlich besteuerten Ausländern in ähnlicher Position. Es wäre mehr als angebracht, diesen Unsinn zu beseitigen. Die Pauschalbesteuerung wäre dann tatsächlich ein wenig gerechter. Einige heutige Profiteure werden sich vom Acker machen, doch damit muss die Schweiz leben können.
Ohnehin ist unklar, wie lange solche Praktiken international noch geduldet werden. Derzeit kann die Schweiz auf zahlreiche andere Länder verweisen, die reiche Ausländer ebenfalls steuerlich verhätscheln. Sie tut gut daran, dies nicht für alle Zeiten als gottgegeben zu betrachten. Wir mussten in den letzten Jahren mehrfach auf unliebsame Weise erfahren, dass der Wind in Steuerfragen ziemlich rasch drehen kann.