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Forscher finden Reste von Regenwaldboden in der Westantarktis

Künstlerische Darstellung: Antarktika in der Kereidezeit
Der Kontinent Antarktika lag vor 90 Millionen Jahren ebenfalls am Südpol, aber die Jahresdurchschnitts-Temperatur war höher als heute in der Schweiz. Bild: Alfred-Wegener-Institut/James McKay / SWNS

Einst wuchs Regenwald in der Westantarktis – weil es mehr CO2 in der Atmosphäre hatte

01.04.2020, 17:0001.04.2020, 19:30
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Ein internationales Forscherteam hat nahezu unverändert erhaltene Reste von Regenwaldboden in 90 Millionen Jahre alten Sedimentbohrkernen aus der westlichen Antarktis entdeckt. Dies sei nur möglich, wenn die Konzentration an Kohlendioxid der Atmosphäre in der mittleren Kreidezeit deutlich höher gewesen sei als angenommen, teilte das Team am Mittwoch mit.

Die Forscher unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) Brenerhaven fanden ausgedehnte und sehr gut erhaltene Wurzelgeflechte sowie Pollen verschiedener Pflanzen in den Kernen, die der Forschungseisbrecher «Polarstern» bei einer früheren Fahrt aus dem Meeresboden vor dem Pine-Island-Gletscher geholt hatte. Sie wurden anschliessend per Computertomograph analysiert.

Die Proben aus einer Bodentiefe von 27 bis 30 Metern belegten die Anwesenheit einer Sumpf- und Moorlandschaft und eines gemässigten Regenwalds mit Nadelbäumen und grossen Baumfarnen, berichteten die Forscher des AWI und ihre Partner von anderen Instituten, die ihre Erkenntnisse nun in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlichten.

Eine solche Vegetation existiert nach Angaben der Forscher heute etwa im Süden Neuseelands. Dabei lag der antarktische Kontinent vor 90 Millionen Jahren schon dort, wo er sich heute befindet.

Lage der Kontinente in der Kreidezeit
By Mannion, P. D. (2013). "The latitudinal biodiversity gradient through deep time". Trends in Ecology and Evolution 29 (1). DOI:10.1016/j.tree.2013.09. ...
Lage der Kontinente in der späten Kreidezeit (vor 90 Millionen Jahren). Karte: Wikimedia/Mannion, P.D.

Die Erkenntnisse lassen nach Angaben der Experten nur den Schluss zu, dass die geltenden Klimamodelle angepasst werden müssen. Die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid in der Erdatmosphäre muss in der Blütezeit der Dinosaurier viel höher gewesen sein als bisher angenommen. Anders lasse sich eine solche Vegetation nur rund 900 Kilometer vom Südpol entfernt nicht erklären.

Einst nahezu eisfrei

Gemäss ihren Untersuchungen kann es in der Westantarktis damals keine grossen Eismassen gegeben haben. Vielmehr war es mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von zwölf Grad Celsius deutlich wärmer als heute in der Schweiz mit etwas mehr als fünf Grad. Die Temperatur im Sommer lag in der Region im Schnitt bei rund 19 Grad.

In this Dec. 7, 2018, photo provided by Wayne Dunn, tourists hike on an island on the Western Peninsula of Antarctica. Forty educators participated in the 2018 class of Grosvenor Teacher Fellows, a pr ...
Heute sieht es in der Westantarktis so aus. Bild: AP/Wayne dunn

Die Daten aus der Analyse der Bohrkerne liefern laut AWI die ersten direkt verwertbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse über die historischen Umwelt- und Klimabedingungen in derart südlichen Breitengraden. Sie stellten Klimamodellierer auf der ganzen Welt nun vor «neue Herausforderungen», erklärte das AWI. Zu klären sei etwa, wie die Erde nach der offensichtlich deutlich ausgeprägteren Warmzeit in der Kreidezeit anschliessend wieder so stark abkühlte.

(sda/afp)

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Vom Ende der Ewigkeit – eine Reise durch bedrohte Polarwelten
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Vom Ende der Ewigkeit – eine Reise durch bedrohte Polarwelten
Die Fotografin Camille Seaman hat über zehn Jahre lang die Arktis sowie die Antarktis fotografiert.
quelle: dukas/catersnews / camille seaman
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So schön sieht es in unerforschten Teilen der Antarktis aus
Video: srf
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48 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hummingbird
01.04.2020 22:51registriert Juni 2019
Dieser Bericht ist eine reine Wohltat. Endlich mal wieder was Spannendes und anderes als dieses Coronazeug.
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Smeyers
01.04.2020 21:16registriert August 2017
Ich bin absolut für Nachhaltigkeit und Resourcen zu sparen, weil es Sinn macht. Der Artikel zeigt aber auch das sich die Welt und die Natur verändert und kein Problem damit hat, nur der Mensch will das alles bleibt wie es ist. Die Welt geht nicht unter wegen der Klimaerwärmung, aber vielleicht der Mensch.
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Kronrod
01.04.2020 23:45registriert März 2015
Auch spannend zu wissen: damals war Holz noch nicht biologisch abbaubar. Wenn heute ein Baum umfällt, vermodert er und wird von Pilzen zersetzt. Diese Pilze sind aber erst viele Millionen Jahre nach dem ersten Holz entstanden und in der Zwischenzeit konnten sich riesige Mengen Zellulose ansammeln und CO2 gebunden werden. So entstand zB auch die Braunkohle.
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