Aus der Wundertüte der Weltgeschichte lassen sich allerhand seltsame Begebenheiten entnehmen, die wir euch in unregelmässigen Abständen präsentieren. Hier eine neue Folge mit 13 erstaunlichen Fakten, die kaum jemand kennt.
Pecunia non olet («Geld stinkt nicht») – der bekannte Spruch, der von Kaiser Vespasian stammen soll, illustriert das unkomplizierte Verhältnis der Römer zum Geld. Dennoch gab es gewisse moralische Grenzen im Umgang mit Münzen: In der frühen Kaiserzeit war es verboten, Geldstücke wie Denare und Sesterzen als Zahlungsmittel für Liebesdienerinnen in ein Bordell zu tragen, da diese Münzen alle das Bildnis des Kaisers trugen. Als Ersatz – quasi als Bordellmarken – dienten möglicherweise die Spintriae, münzähnliche Metallplättchen, auf deren Motivseite meist eine erotische Szene abgebildet ist.
Früher dachte man, dass eine solche Spintria jeweils als Zahlungsmittel für die darauf abgebildete sexuelle Dienstleistung diente. Sicher ist das freilich nicht; und die Funktion der Spintriae ist denn auch insgesamt umstritten. Eine andere, durchaus plausible Theorie postuliert, es handle sich bei diesen Münzen um Spielsteine eines Spiels, dessen Regeln wir heute nicht mehr kennen. Auf jeden Fall ist Vorsicht angebracht, wenn wir antike sexuelle Darstellungen einordnen wollen: Die Grenze zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten verlief damals anders als heute. So dachte man einst aufgrund der zahlreichen Bilder mit erotischen Motiven, die in Pompeji gefunden wurden, es habe dort extrem viele Bordelle gegeben. Heute weiss man, dass solche Bilder auch in Kneipen und Privathäusern üblich waren.
Bleiben wir noch bei den Römern: Bei ihnen war es Sitte, nach einem siegreichen Feldzug einen Triumphzug durch Rom zu veranstalten. Neben dem Triumphator und seinen Truppen marschierten auch Kriegsgefangene mit, die nach dem Triumphzug in die Sklaverei verkauft wurden. Ziemlich bekannt ist, dass ein Sklave hinter dem Triumphator auf dem Wagen stand und diesem einen goldenen Lorbeerkranz übers Haupt hielt, wobei er ihm ständig die Mahnung zuraunte: Respice post te, hominem te esse memento («Sieh dich um; denke daran, dass auch du ein Mensch bist»).
Weniger bekannt ist hingegen die Tatsache, dass die Soldaten im Triumphzug gewagte Spottlieder über ihren Kommandanten zum Besten gaben und damit die Zuschauer entzückten. Überliefert ist ein Spottvers auf Gaius Iulius Cäsar, der schon früh gelichtetes Haar hatte und als sexuell übermässig aktiv galt:
Das grösste heutige Stadion – ohne Motorsport-Rennstrecken – befindet sich in Nordkorea: Das Stadion Erster Mai in Pjöngjang bietet 114'000 (früher sogar 150'000) Plätze. In Europa besetzt das Camp Nou in Barcelona mit über 99'000 Zuschauern den Spitzenplatz. Diese riesigen Stadien, Tempel des modernen Sports, fassen jedoch allesamt viel weniger Zuschauer als einst der Circus Maximus in Rom. Dieses grösste Stadion aller Zeiten soll zur Zeit des Augustus 150'000, später sogar bis zu 250'000 Zuschauern Platz geboten haben. Nur das heute baufällige Strahov-Stadion in Prag konnte eine ähnliche Menge fassen.
Der Circus, in dem vornehmlich Wagenrennen stattfanden, zerfiel seit dem späten 6. Jahrhundert; zeitweise wurden dort Gärten angelegt. Die Sitzstufen aus Marmor wurden für den Petersdom verwendet.
Der römische Feldherr und Politiker Gaius Iulius Cäsar ist übrigens mit seiner Kalenderreform auch verantwortlich dafür, dass das Jahr 46 v. Chr. länger als üblich dauerte. Gemäss dem heute gültigen gregorianischen Kalender hat ein Jahr 365 Tage – oder 366, wenn es sich um ein Schaltjahr handelt. Das sogenannte verworrene Jahr (annus confusionis), das nach heutiger Zeitrechnung am 14. Oktober 47 v. Chr. begann und am 1. Januar 45 v. Chr. endete, war mit sage und schreibe 445 Tagen bedeutend länger – es war das bisher längste Jahr der Menschheitsgeschichte.
Cäsar hatte bei der Einführung des nach ihm benannten julianischen Kalenders im Jahr 708 a. u. c. (ab urbe condita = seit Gründung der Stadt [Rom]) neben dem ohnehin vorgesehenen Schaltmonat Mercedonius mit 23 Tagen zwei weitere Schaltmonate mit 33 und 34 Tagen einfügen lassen, so dass dieses verworrene Jahr insgesamt 80 zusätzliche Tage erhielt.
Kalenderreformen gab es auch in der Sowjetunion. Schon kurz nach der Revolution wurde anstelle des julianischen der gregorianische Kalender eingeführt. Einige Jahre später, am 1. Oktober 1929, wurde dieser aber durch den sowjetischen Revolutionskalender ersetzt. Der neue Kalender brach mit der herkömmlichen Einteilung der Woche in sieben Tage und schaffte den als christliches Relikt betrachteten Sonntag als Ruhetag ab. Das Jahr war immer noch gleich lang, bestand nun aber aus zwölf Monaten zu je 6 Wochen – die wiederum aus je 5 Tagen bestanden – und fünf «überjahreszähligen» arbeitsfreien Tagen.
Zweck der Massnahme war die Steigerung der Produktivität. Die Maschinen sollten nicht mehr am Sonntag, dem traditionellen Ruhetag, stillstehen. Die Werktätigen wurden in fünf Gruppen eingeteilt, die jeweils an einem anderen Tag der fünftägigen Woche frei hatten. So waren an jedem Tag 80 Prozent der Arbeitskräfte im Einsatz. Die Rechnung ging allerdings nicht auf. Die neue Regelung störte das soziale und familiäre Leben, die betrieblichen Abläufe wurden komplizierter. Manche Arbeitnehmer blieben sowohl an ihrem offiziellen Ruhetag als auch am Sonntag zu Hause. So reformierte Stalin den Kalender 1931 erneut, bis er dann 1940 endgültig abgeschafft wurde. Einen Revolutionskalender gab es übrigens von 1792 bis 1805 auch in Frankreich – er umfasste zwölf Monate zu 30 Tagen mit jeweils 3 Dekaden (10 Tagen). Hinzu kamen fünf – in Schaltjahren sechs – Ergänzungstage.
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation Nazi-Deutschlands. Als die Kapitulation nochmals im Sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst in Anwesenheit des Oberkommandierenden der Roten Armee unterzeichnet wurde, war in Moskau bereits der 9. Mai angebrochen. Nachdem der sowjetische Rundfunk die Nachricht vom Ende des jahrelangen blutigen Gemetzels mitten in der Nacht verkündet hatte, strömten sofort die Leute auf die Strasse, einige sogar nur im Pyjama, und feierten das Kriegsende. Sie tranken auf den Sieg und auf all jene, die diesen Tag nicht mehr erleben konnten.
Als Stalin sich später in einer Radioansprache an die sowjetischen Bürger wandte, war in Moskau bereits der Wodka ausgegangen. Selbst landesweit sollen die Alkoholreserven komplett erschöpft gewesen sein, wie Zeitzeugen später berichteten. Allerdings gilt es dabei die Tatsache zu beachten, dass die sowjetische Kriegswirtschaft nicht grosse Reserven an Alkohol hatte, da die Versorgung der Truppen und der Bevölkerung mit Lebensmitteln Vorrang hatte.
Bei Kriegsende 1945 war es nicht, wie man denken könnte, die Sowjetunion, die am meisten Menschen unter Waffen hatte – es waren die USA. Insgesamt 12 Millionen Personen umfassten die amerikanischen Streitkräfte zu diesem Zeitpunkt; rund eine Million mehr als die Rote Armee mit 11 Millionen. Den Umfang von maximal 11 Millionen Soldaten hatten zuvor auch die deutschen Streitkräfte erreicht, im Jahr 1943.
Erst später, während des Kalten Krieges, übertraf die sowjetische Truppenstärke die amerikanische. Seit den Achtzigerjahren ist die chinesische Volksbefreiungsarmee mit derzeit etwa 2,3 Millionen Soldaten die grösste Armee der Welt.
Was hatten die Männer Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts für eindrucksvolle Schnurrbärte! Heutige Hipster sehen alt aus dagegen. Die kunstvoll modellierten, mit Wachs behandelten Oberlippenbärte mussten allerdings vor den Gefahren des Alltags geschützt werden – zu denen beispielsweise heisser Kaffee oder Tee gehörte, den man aus einer Tasse trank. Das Getränk selber oder dessen Dampf konnte nämlich die mühsam gedrechselte Bartpracht ausser Form bringen.
Abhilfe schuf da die Barttasse: Ein Trinkgefäss, das innen einen horizontalen Steg besass, der den Schnurrbart vor der verhängnisvollen Benetzung schützen sollte. Die 1860 erfundene Barttasse erlebte bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg eine grandiose Karriere in England, Frankreich, Amerika und Deutschland, dann verschwand sie mit der Bartmode, der sie ihre Existenz verdankte. Heute erlebt sie dank den Hipsterbärten wieder eine gewisse Renaissance.
George H. W. Bush, US-Präsident von 1989 bis 1993 und Vater des späteren US-Präsidenten George W. Bush, diente im Zweiten Weltkrieg als Pilot der US Navy. Im September 1944 nahm er, damals 20-jährig, an einem Bombenangriff auf die japanische Insel Chichijima teil. Das Eiland liegt 1100 Kilometer südlich von Tokio und gehört zur strategisch wichtigen Inselgruppe der Bonin-Inseln. Die amerikanischen Torpedo-Bomber des Typs Grumman-TBF gerieten in starkes Abwehrfeuer; mehrere Maschinen wurden abgeschossen. Insgesamt neun Amerikaner konnten sich aus den Flugzeugen retten – acht wurden von japanischen Schnellbooten aus dem Meer gefischt und gefangen genommen, einer kam davon und wurde schliesslich von einem amerikanischen U-Boot gerettet. Sein Name: George H.W. Bush.
Seine Kollegen hatten weniger Glück: Sie wurden von den Japanern gefoltert und auf Befehl des als Sadist bekannten Kommandanten, Generalleutnant Yoshio Tachibana, enthauptet. Nun waren die japanischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg dafür gefürchtet, ihre Kriegsgefangenen sehr schlecht zu behandeln. Doch was auf Chichijima geschah, war noch schrecklicher: Die japanischen Offiziere assen Körperteile von vier der getöteten Amerikaner. Nach der japanischen Kapitulation am 2. September 1945 wurde Tachibana zusammen mit anderen Offizieren vor Gericht gestellt und zum Tode durch den Strang verurteilt. Da Kannibalismus als Strafbestand im Gesetz gar nicht vorgesehen war, wurden sie wegen Mordes und «Verhinderung einer würdigen Bestattung» verurteilt.
Von 1912 bis 1948 konnten auch durchaus unsportliche Menschen an Olympischen Spielen eine Medaille gewinnen – sie mussten aber anderweitig talentiert sein. Medaillen gab es in den Disziplinen Literatur, Architektur, Bildhauerei, Malerei und Musik, wobei die begutachteten Kunstwerke thematisch mit dem olympischen Gedanken zu tun haben mussten. Bei diesen Kunstwettbewerben, an denen auch Künstler teilnehmen durften, die ihren Lebensunterhalt mit Kunst verdienten, wurden insgesamt 151 Medaillen vergeben. Drei davon – je einmal Gold, Silber und Bronze – gingen an den Schweizer Maler Alex Diggelmann. An den Olympischen Spielen gab es früher auch weitere Disziplinen, die heute ziemlich exotisch anmuten, etwa Tauziehen oder Sackhüpfen.
Zahnersatz in Form von Gebissen ist heute dank der stark verbesserten Prophylaxe nicht mehr so verbreitet wie früher. Das Material für die Ersatz-Zähne war im frühen 19. Jahrhundert Elfenbein oder Porzellan – aber es gab auch Prothesen, die viel natürlicher aussahen, weil sie aus echten Zähnen bestanden. Diese stammten oft von Schlachtfeldern, wo Leichenfledderer sie den Toten – manchmal selbst noch lebenden Verwundeten – aus dem Mund brachen. Die oft noch sehr jungen Gefallenen hatten meist noch gesunde Zähne, die sich gut weiterverarbeiten liessen.
Der Handel mit solchen Zähnen war so schwunghaft und lukrativ, dass sich für sie ein eigener Begriff etablierte: «Waterloo-Zähne». Auf diesem Schlachtfeld, das 1815 Napoleons endgültige Niederlage sah, fanden die Zahnräuber reiche Beute; hier lagen zehntausende von Toten und Verwundeten auf engem Raum zusammen. Laut einem späteren Bericht soll ein einziger Fledderer Zähne im Wert von 50'000 Talern von dort zurückgebracht haben. Später mussten auch die Gefallenen des Amerikanischen Bürgerkriegs als Zahnspender herhalten. Erst in der zweiten Hälfte nahm die Verwendung von echten menschlichen Zähnen für Prothesen ab, als Zahnersatz aus Porzellan sich allmählich durchsetzte.
Am Morgen des 6. August 1945 stieg der 29-jährige Tsutomu Yamaguchi in Hiroshima aus einer Strassenbahn, als ein greller Blitz aufleuchtete und eine Hitzewelle ihm schwere Verbrennungen am linken Oberkörper zufügte. Yamaguchi war etwa drei Kilometer vom Hypozentrum entfernt, als «Little Boy», die erste militärisch eingesetzte Atombombe, explodierte. Seine Wunden wurden verbunden und er verbrachte die Nacht in einem Luftschutzraum; am nächsten Tag brach er auf, um sich nach Nagasaki zu begeben, wo er am 8. August ankam.
Dort fand er sich am nächsten Tag, dem 9. August, im Büro seines Chefs ein und berichtete diesem, was in Hiroshima geschehen war. Genau zu diesem Zeitpunkt detonierte die zweite Atombombe, «Fat Man». Wieder war Yamaguchi rund drei Kilometer vom Hypozentrum der Bombe entfernt, wieder wurde er verletzt – aber auch diesmal überlebte er. Damit gehört er zu dem kleinen Kreis von etwa 200 Personen, die beide Atombomben überlebt haben. Er ist jedoch der einzige, der von den japanischen Behörden offiziell als «doppelter Hibakusha» (Atombombenopfer) anerkannt ist. Yamaguchi starb 2010 im Alter von 93 Jahren.
Der amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway lebte bisweilen gefährlich und sprang dem Tod mehr als einmal von der Schippe. Zweimal kurz hintereinander tat er das 1954 in Uganda: Damals ging er dort mit seiner vierten Ehefrau Mary auf eine Safari, bei der sie in einer einmotorigen Cessna unterwegs waren. Die Maschine geriet in Schwierigkeiten und der Pilot musste notlanden – wobei er die Wahl zwischen einer «Sandbank mit sechs Krokodilen oder einem Elefantenpfad durch dichtes Unterholz» hatte, wie die «New York Times» es beschrieb. Alle drei Insassen überlebten die Havarie mit lediglich leichten Verletzungen.
Nachdem sie nach kurzer Zeit gefunden wurden, bestiegen Hemingway und seine Gattin am nächsten Tag ein Flugzeug, das sie nach Entebbe zum Arzt bringen sollte. Die Maschine, eine De Havilland, fing jedoch beim Start Feuer, und Hemingway, der sich gegen die Tür warf, verletzte sich an Kopf und Schulter. Doch erneut überlebte das Ehepaar Hemingway, diesmal mit etwas ernsteren Verletzungen. Als die beiden endlich in Entebbe ankamen, konnten sie dort bereits diverse Nachrufe lesen, die in verschiedenen Zeitungen erschienen waren. Hemingway amüsierte sich darüber und fand, es gebe eine ganze Menge Leute, die sich über die Nachricht seines Todes gefreut hätten.
Merci Daniel Huber.
Nichts für Ungut, aber wenn es nicht klar ist wie es genau war, sollte man es nicht als „historischen Fakt“ verkaufen